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Die Verbraucherzentrale Hamburg hat die folgende Werbung eines Reisebüros für eine Kinderreisen beanstandet und abgemahnt:

„Frühlings-Special! Wir schenken dir 25 EUR bei
Buchung bis 30.04.09!“

Grund dafür war, dass der Preisnachlass auch nach Ablauf der Frist vom 30. April 2009 weiterhin gewährt wurde. Die Beklagte erklärte dies einer Kundin gegenüber damit, dass sie weiterhin von günstigen Einkaufspreisen profitiere, was so nicht absehbar gewesen sei.

Nach Auffassung der Verbraucherzentrale liegt eine Irreführung der Verbraucher darin, dass das Reisebüro den Preisvorteil auch nach Ablauf der zunächst mitgeteilten Frist weiterhin gewährt. Außerdem liege ein Verstoß gegen das Transparenzgebot vor.

1. Die Unterlassungsforderung der Verbraucherzentrale wurde von den ersten beiden Instanzen LG Bielefeld, Entscheidung vom 05.03.2010 – 17 O 191/09 –
OLG Hamm, Entscheidung vom 02.09.2010 – I-4 U 52/10 – zurückgewiesen.

Nach Auffassung des OLG Hamm liege eine relevante Irreführung im Sinne des § 5 UWG nicht vor. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Werbung für den zeitlich bis zum 30. April 2009 befristeten Frühbucherrabatt auf der Internetseite unwahr gewesen sei. Es sei nicht erwiesen, dass die Beklagte im allein maßgeblichen Zeitpunkt des Erscheinens der Werbung bereits eine Verlängerung des Preisnachlasses geplant habe. Ein Verstoß gegen § 4 Nr. 4 UWG komme ebenfalls nicht in Betracht. Auch nach dieser Vorschrift müssten nur bereits feststehende Verkaufsförderungsbedingungen angegeben werden. Über die Möglichkeit, dass eine Frist aufgrund späterer Überlegungen verlängert werden könne, habe die Beklagte nichts mitteilen müssen.

2. Der Bundesgerichtshof hat gemäß Urteil vom 7. Juli 2011 – I ZR 181/10 entschieden,

a) dass ein Unterlassungsanspruch der Beklagten aus §§ 3, 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UWG nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung verneint werden könne.

aa) Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UWG sei eine geschäftliche Handlung irreführend, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über den Anlass des Verkaufs wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils enthält.

Nach dieser Vorschrift kann die irreführende Ankündigung einer Sonderverkaufsaktion wie etwa eines Jubiläumsverkaufs unzulässig sein (Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl., § 5 Rn. 6.5 ff.; Fezer/Peifer, UWG, 2. Aufl., § 5 Rn. 336; Sosnitza in Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., § 5 Rn. 429; Weidert in Harte/Henning, UWG, 2. Aufl., § 5 Rn. D 8). Die Ankündigung einer Sonderveranstaltung mit festen zeitlichen Grenzen kann sich als irreführend erweisen, wenn der Sonderverkauf über die angegebene Zeit hinaus fortgeführt wird (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 2011 – I ZR 173/09 Rn. 18 – 10% Geburtstags-Rabatt; Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 5 Rn. 6.6c).

Für das Versprechen von zeitlich befristeten Preisnachlässen gelte grundsätzlich nichts anderes. Ob in einem solchen Fall bei den angesprochenen Verbrauchern durch die Ankündigung der Sonderaktion eine relevante Fehlvorstellung erzeugt werde, hängt allerdings von den Umständen des Einzelfalls ab. Hier mögen sich deutliche Unterschiede zur Ankündigung einer Jubiläumsaktion ergeben, weil es aus der Sicht des Verkehrs für die Verlängerung eines Frühbucherrabatts – etwa im Falle schleppender Nachfrage – vernünftige Gründe gibt, mit denen der Verkehr rechnet und die daher sein Verständnis von vornherein beeinflussen. Auf der anderen Seite sei es für die Bejahung einer relevanten Fehlvorstellung nicht erforderlich, dass die Unrichtigkeit der Ankündigung bereits bei Erscheinen der Werbung feststand. Eine Ankündigung könne sich also auch als irreführend erweisen, wenn sich der Kaufmann erst nachträglich dazu entschließt, den Frühbucherrabatt über die angekündigte zeitliche Grenze hinaus zu gewähren und beispielsweise den Normalpreis überhaupt nicht mehr verlangt.

Nach dem klaren Wortlaut des § 5 Abs. 1 UWG seien als irreführende geschäftliche Handlungen nur unwahre oder zur Täuschung geeignete Angaben unlauter. Ein von der Richtigkeit der werblichen Angabe unabhängiges Durchführungsverbot, wie es das alte Recht in § 7 Abs. 1 UWG aF für Sonderveranstaltungen vorsah und auf das der Hilfsantrag abzielt, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen und unterfällt schon gar nicht dem Irreführungstatbestand des § 5 UWG (Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 5 Rn. 6.9; vgl. auch Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rn. 4.11).

bb) Ausgehend von diesen Maßstäben könne eine Irreführung der mit dem Hauptantrag angegriffenen Werbung mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht verneint werden. Das Berufungsgericht hat es zu Unrecht für unerheblich angesehen, dass die Beklagte selbst in der Werbung vorbehaltlos eine zeitliche Grenze der Rabattaktion angegeben hat und sich an diese Angabe nicht gehalten hat. Das Berufungsgericht hat insoweit bei der Beurteilung der für eine Irreführung maßgebenden Verkehrsauffassung die Umstände des Streitfalls nicht hinreichend gewürdigt.

(1) Werden in der Ankündigung einer Vergünstigung von vornherein feste zeitliche Grenzen angegeben, müsse sich der Kaufmann hieran grundsätzlich festhalten lassen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. April 2010 – 20 U 186/08, ju-ris Rn. 20; Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 5 Rn. 6.6c). Dabei hänge die Frage der Irreführung maßgebend davon ab, wie der Verkehr die Werbung mit einem befristet gewährten Preisvorteil nach den Umständen des konkreten Falls versteht.

Eine irreführende Angabe werde zum einen regelmäßig dann vorliegen, wenn der Unternehmer bereits bei Erscheinen der Werbung unabhängig vom Buchungsstand die Absicht hat, die Vergünstigung über die zeitliche Grenze hinaus zu gewähren, dies aber in der Werbung nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck bringe. Denn ein angemessen gut unterrichteter und angemessen aufmerksamer und kritischer Durchschnittsverbraucher werde bei einem vorbehaltlosen Angebot eines Rabattes mit der Angabe eines Endtermins davon ausgehen, dass der Unternehmer den genannten Endtermin auch tatsächlich einhalten will (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 2011 – I ZR 173/09 Rn. 21 – 10% Ge-burtstags-Rabatt; KG, WRP 2009, 1426; OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. April 2010 – 20 U 186/08, juris Rn. 21; vgl. auch Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rn. 4.11).

Werde die Rabattaktion dagegen aufgrund von Umständen verlängert, die nach dem Erscheinen der Werbung eingetreten sind, wird regelmäßig danach zu unterscheiden sein, ob diese Umstände für den Unternehmer unter Berücksichtigung fachlicher Sorgfalt voraussehbar waren und deshalb bei der Planung der befristeten Aktion und der Gestaltung der ankündigenden Werbung berücksichtigt werden konnten. Denn der Verkehr werde nach der Lebenserfahrung zwar in Rechnung stellen, dass ein befristeter Sonderpreis aus Gründen verlängert wird, die bei Schaltung der Werbung erkennbar nicht zugrunde gelegt wurden. Mit einer Verlängerung aus Gründen, die bei Schaltung der Anzeige bereits absehbar waren, rechnet der Verkehr allerdings nicht. Dabei ist es grundsätzlich die Sache des Werbenden, die Umstände darzulegen, die für die Unvorhersehbarkeit der Verlängerungsgründe und für die Einhaltung der fachlichen Sorgfalt sprechen (vgl. BGH, Urteil vom 16. März 2000 – I ZR 229/97, GRUR 2002, 187, 188 f. = WRP 2000, 1131 – Lieferstörung, zur parallelen Problematik der Irreführung über die Angemessenheit eines Warenvorrats; vgl. auch Berneke, GRUR-Prax 2011, 235, 237).

Ein solcher absehbarer Umstand könne auch dann vorliegen, wenn der Unternehmer – wie im Streitfall – mit dem Rabatt bezweckt, die ihm gewährten günstigen Einkaufspreise an seine Kunden weiterzugeben, wenn und soweit für ihn bei sorgfältiger Beurteilung der Umstände erkennbar war, dass ihm solche günstigen Einkaufspreise auch nach Ablauf der Befristung weiter gewährt werden. Dabei könne von erheblicher indizieller Bedeutung sein, ob und in welchem Umfang der Unternehmer einen befristet beworbenen Vorteil bereits zuvor aus dem gleichen Grund verlängert hatte.

(2) Im Streitfall hat das Berufungsgericht festgestellt, dass die Beklagte bereits vor der angegriffenen Werbung mit der bis zum 30. April 2009 befristeten Rabattaktion einen befristeten Frühbucherrabatt in gleicher Höhe bei Buchung bis zum 31. März 2009 beworben und bis zum 17. April 2009 verlängert hatte. Als Grund für die Verlängerung des Frühbucherrabatts hat die Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gegenüber einer Kundin angegeben, dass sie weiterhin von zunächst nicht vorhersehbaren günstigen Ein-kaufspreisen profitiere, die sie an Kunden weitergeben wolle.

Das Berufungsgericht habe – von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig – jedoch keine Feststellungen zur Verkehrserwartung von Verbrauchern getroffen, die sich bei der Buchung einer Reise im Internet der Werbung mit einem Frühbucherrabatt gegenübersehen. Weiter fehlen Feststellungen, ob es die Beklagten aufgrund der Umstände des Streitfalls, insbesondere wegen der bereits zeitnah zuvor aus demselben Grund verlängerten Frühbucherrabatts in gleicher Höhe, absehen konnte, dass ihr erneut günstige Einkaufspreise auch über den in der Werbung angegebenen Endtermin der Rabattaktion hinausgehend gewährt werden würden.

Diese Umstände seien entscheidungserheblich. War die Fortdauer der günstigen Einkaufspreise über den beworbenen Endzeitpunkt hinaus für die Beklagte zum Zeitpunkt der Werbung mit der befristeten Rabattaktion absehbar, habe es die fachliche Sorgfalt geboten, nicht ohne einen entsprechenden aufklärenden Hinweis mit einem befristeten Rabatt zu werben. Denn der Verkehr gehe – wie dargelegt – regelmäßig davon aus, dass eine vorbehaltlos befristet beworbene Rabattaktion nicht aus für den Unternehmer vorhersehbaren und daher in der Werbung anzugebenden Umständen verlängert werde.

Auch sei die wettbewerbsrechtliche Relevanz einer solchen Fehlvorstellung gegeben. Sie ergebe sich daraus, dass der Verbraucher durch die zeitliche Begrenzung der Gewährung eines herabgesetzten Preises gezwungen werde, die Kaufentscheidung unter einem zeitlichen Druck vorzunehmen, der die Gefahr begründet, dass ein ruhiger und genauer Leistungsvergleich verhindert und sich der Verkehr nicht mehr mit Angeboten von Mitbewerbern befassen wird (vgl. dazu BGH, Urteil vom 7. Juli 2011 – I ZR 173/09, Rn. 33 – 10% Geburtstags-Rabatt). Es liegt auf der Hand, dass sich mit Frühbucherrabatten die Nachfrage stimulieren lasse und sich Verbraucher – um in den Genuss des Rabatts zu gelangen – kurz vor Ablauf der Frist zu einer frühzeitigen Buchung entschließen, zu der sie sich nicht entschlossen hätten, wenn sie davon gewusst hätten, dass ihnen der günstige beworbene (günstige) Preis auch bei einer späteren Buchung gewährt werden würde.

2. Das mit der Revision angefochtene Berufungsurteil wurde aufgehoben, weil der Senat des BGH in der Sache selbst nicht entscheiden konnte, da es noch weiterer Feststellungen sowie der Konkretisierung des Antrags bedarf. Die Sache ist deshalb zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückgewiesen worden.

Quelle: Bundesgerichtshof