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Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 15.12.2011 zum AZ: I ZR 174/10 entschieden, dass Anhaltspunkte für die Rechtsmissbräuchlichkeit eines geltend gemachten Unterlassungsanspruches nach § 8 Abs. 4 UWG gegeben sein können, wenn der Abmahnung eine vorformulierte Unterlassungsverpflichtungserklärung beigefügt ist, die für jeden Fall der Zuwiderhandlung das Versprechen einer Vertragsstrafe vorsieht, die unabhängig von einem Verschulden verwirkt sein soll.

Im vom BGH entschiedenen Sachverhalt ging es um ein wettbewerbswidrig beworbenes Bauheizgerät auf der Internetplattform eBay. Die betroffene Beklagte gab nicht die vom Abmahner vorformulierte, sondern eine modifizierte strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Daraufhin erwirkte die Klägerin gegen die Beklagte eine einstweilige Verfügung.

Ohne Erfolg forderte sie die Beklagte im Anschluss daran auf, eine Abschlusserklärung abzugeben und die Kosten des Abschlussschreibens zu zahlen. Die Kostenerstattung wurde der Klägerin allerdings auch durch die Instanzen versagt, da bereits die Abmahnung als rechtsmissbräuchlich eingestuft wurde.

Nach § 8 Abs. 4 UWG ist die Geltendmachung von wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüchen unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich sind. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Abmahnung vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden ein Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen (Kosten der Abmahnung). Diese Regelung gilt nicht nur für die gerichtliche, sondern auch für die außergerichtliche Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Ansprüche und damit in besonderem Maße auch für die Abmahnung.

Der BGH hat die Einschätzung des Berufungsgerichts bestätigt, dass die Regelung einer Vertragsstrafe nach der von der Klägerin vorformulierten Erklärung, unabhängig von einem Verschulden für jeden Fall der Zuwiderhandlung, rechtsmissbräuchlich ist. Die Regelung zum Abschluss des Verschuldens sei zudem so in die Unterwerfungserklärung eingefügt worden, dass sie ohne weiteres überlesen werden könne. Einer solchen für den Abgemahnten überraschenden Abbedingung des Verschuldenserfordernisses bedürfe es zur Sicherstellung des Gläubigerinteresses nicht.

Nach Auffassung des BGH führt der Ausschluss der Exkulpationsmöglichkeit nicht nur zu einer Haftungsverschärfung. Er bilde nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im Fall des Versprechens einer Vertragsstrafe für den Fall einer Verletzung von Informationspflichten beim Versandhandel im Internet auch eine Haftungsfalle. Das Berufungsgericht habe zutreffend festgestellt, Unterlassungsverpflichtungserklärungen würden wegen der drohenden gerichtlichen Inanspruchnahme sehr häufig schon abgegeben, bevor alle fehlerhaften Angaben aus dem Internetauftritt entfernt seien. Unterbliebene oder fehlerhafte Informationen seien oft nicht von einem Tag oder auf den anderen einzufügen oder zu korrigieren. Insbesondere kleinere oder unerfahrene Anbieter müssen für die Korrektur der Widerrufsbelehrung oder Allgemeinen Geschäftsbedingungen regelmäßig Kontakt mit Dritten (Anmerkung des Verfassers: meistens einem erfahrenen Rechtsanwalt) aufnehmen. Sie könnten einer Vertragsstrafe daher vielfach nur schwer entgehen, wenn ihnen der Einwand abgeschnitten sei, sie hätten den Verstoß so kurzfristig nicht abstellen können (Verschulden). Diese Feststellungen widersprächen auch nicht der Lebenserfahrung.

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